Nomadin. Journalistin aus Österreich. Überzeugte Tagträumerin. Schwerst abhängig von Schokolade und guten Gesprächen. Seit Mai 2019 lebe ich aus einem sehr übergewichtigen Koffer und ziehe damit um die Welt.
Ich habe meine Mietwohnung in Wien aufgelöst, meinen Job gekündigt und die Entscheidung keine einzige Sekunden bereut (okay, einmal vielleicht ganz kurz, als ich eine Lebensmittelvergiftung hatte, aber da war ich vor lauter Dehydration nicht zurechnungsfähig und tat mir selber wahnsinnig leid).
Für alle, die mich schon länger kennen: Ja, ich war schon mal ein Jahr auf Weltreise und habe das Ganze per Blog dokumentiert und dann das Buch Mein Date mit der Welt daraus gemacht. Dass ich wieder losgezogen bin, diesmal ohne Rückflugticket oder Enddatum, hat nichts damit zu tun, dass ich den Trip zu wiederholen versuchte, geschweige denn beim zweiten Mal alles besser und aufregender machen wollte. So was geht gar nicht.
Ich erklär’s vielleicht am besten mit den Worten, mit denen ich mich bei wunderbaren Arbeitskollegen verabschiedet habe:
Ich bin vor allem deswegen wieder losgezogen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich draußen in der Welt meinem Leben am besten neue, spannende Kapitel hinzufügen kann. Und obendrein ein paar Kapitel umschreiben sollte.
Jetzt werden einige sagen: Ha, Midlife-Crisis! Das passt rein psychologisch ins Bild. Anfang 40, Single, noch dazu kinderlos, das musste ja so kommen.
Wobei, ganz ehrlich? Das war es nicht. Ich hatte keine Krise (vielleicht kommt sie ja noch), sondern Hunger. Einen unglaublichen Hunger nach Leben und nach dem Unbekannten. Letzteres ist mir mittlerweile näher als das Vertraute.
Welche Kapitel ich in meinem Leben neu schaffen wollte? Da war zum Beispiel das Kapitel: „Mit den Händen arbeiten“. Im Dreck wühlen. In der Natur werkeln. Etwas Angreifbares schaffen. Dinge kochen, die mein Gaumen nicht kennt. Großes Thema für mich.
Denn ich habe mir nie erlaubt, mich auszuprobieren. Vor allem nicht arbeitstechnisch. Ich war immer vernünftiger als ich vielleicht hätte sein sollen.
Nach der Schule wollte ich so schnell wie möglich eine Ausbildung abschließen, einen Job finden, Geld verdienen. Ich habe mich von Praktikum zu Praktikum gehangelt, auf den ersten, richtigen Job in einer WG mit billigem Sekt angestoßen, dann kam die erste Beförderung, die zweite, die Jahre vergingen. Und auch wenn ich von außen alles hatte, war da für mich immer das Gefühl: Hm.
Wäre ich vielleicht gut als Gärtnerin? Als Herbergs-Betreiberin (man träumt ja immer von der Bude am Meer)? Als Elefantenausmisterin?
Insofern habe ich beschlossen: Wenn ich mir schon die Welt anschaue, will ich mich unterwegs auch ein bisschen nützlich machen – und verschiedenste Sachen ausprobieren.
Das war anfangs gar nicht so leicht. Kurz überlegte ich mir, die halbe Welt zu verklagen, aber zumindest Australien, Neuseeland, Israel, Kanada und Japan. Denn sobald man Ü-30 ist, so musste ich lernen, ist man für Work&Travel Visa nicht mehr qualifiziert und bei Hilfsorganisation zahlt man fürs freiwillige Mitwerkeln mitunter absurde Preise.
Es schien als würde die Welt mir sagen: Bleib lieber daheim und widme dich der Seidenmalerei.
Seit ich unterwegs bin, habe ich ein Meditationsseminar ausprobiert. Ich war Zimmermädchen und Kloputzerin auf Hawaii und kann berichten: So eine Herberge direkt am Pazifik ist nur in der Theorie nett, man kommt mit dem Fensterputzen nicht nach, ständig verschmiert das Salzwasser die Scheiben.
Obendrein habe ich in einem Sterbehaus in Indien mitgeholfen. In Vietnam auf Englisch Texte für eine Website verfasst. Und mich im südafrikanischen Busch für einen Ranger-Kurs eingeschrieben.
All diese Erlebnisse (und mehr) habe ich in mein zweites Buch Für Alles um die Welt gepackt, das 2021 erschienen ist. Dass während des Schreibens eine Pandemie ausgerufen wurde – ja, blöd, aber was soll man machen? Die Sache hat nicht viel verändert für mich. Ich habe von Brasilien aus das Buch geschrieben, bin dann weiter nach Mexiko und Kolumbien. Das Reisen wurde etwas langsamer, aber das gab mir endlich Zeit, zu überlegen:
Antwort: Indem man einfach das weitermacht, was man liebt.
Mir war immer klar: Ich mag das Schreiben. Und das Reisen. Ich muss es nur kombinieren. Also habe ich meinen Mut zusammengenommen und alte Arbeitskontakte in Österreich angesprochen, ob ich mehr von unterwegs zuliefern könnte. Nicht nur Reise-Stories. Denn seien wir uns ehrlich, die Presselandschaft im deutschen Raum ist verdammt klein und der Bedarf an Sonnenschein-Geschichten überschaubar.
Und siehe da: Was vorher unmöglich schien, ging mit der Pandemie plötzlich (weil jeder plötzlich mit Online-Meetings vertraut war).
Aktuell arbeite ich also als Freelance-Journalistin. Ich war überzeugt, dieses Klischee leben nur junge, Model-artige Menschen mit Instagram-Hüten und familiären Treuhandfonds. Aber heute weiß ich: Ich hab meinen erlernten Job nur so adaptieren müssen, dass er für mich funktioniert.
Das gilt nicht nur für meine Branche. Ich habe Friseurinnen, BäckerInnen, FinanzberaterInnen, ImmobilienverkäuferInnen, HeilpraktikerInnen und HandwerkerInnen getroffen, die ihre Jobs in die weite Welt hinaus verlegt haben. Das wirft vielleicht nicht immer so viel ab, als wenn man 9-to-5 in einem Büro sitzen würde. Aber dafür gibt’s Abenteuer und ständig neue Eindrücke gratis obendrauf.
So, dieses „About me“ ist jetzt länger geworden, als ich geplant hatte. Ich glaube, was ich wirklich sagen will – außer „Write well und edit often“ – ist: Wir sollten alle mehr unseren Herzen folgen.
Wenn man Holz ins Meer wirft und auf die Reise durch tausend Wellen schickt, wird es irgendwann wunderbar leicht. Genauso geht es mir, wenn ich mich nur von meinem Herzen treiben lasse: Die Dinge werden leicht.
Ich hoffe, ich kann dir auf deinem persönlichen Treibherz-Weg helfen und dich ein bisschen inspirieren.
Alles Liebe,